Ein Stadtteil mit Geschichte
Der Stadtteil Sudbrack/Gellershagen steckt voller Geschichte. Neben einer bewegten unternehmerischer Geschichte hat der Stadtteil auch innerhalb der Bielefeder Geschichte und der Entwicklung der Stadt eine interessante Rolle. Gerne fügen wir eure geschichtlichen Informationen zur „Stadtteil Timeline“ hinzu. Schreibt uns einfach eine email an info@wfsg.de!
1294
„Sutbrach“ (Sudbrack) wurde erstmals 1294 in einer Urkunde erwähnt. Der erste Namensteil „Sud“ steht für Süden – von Schildesche aus gesehen liegt Sudbrack im Südwesten – , die zweite Namenshälfte kann von zwei Begriffen abgeleitet werden: entweder von „brach“, noch nicht beackertes Land, oder von „brakig“, Land mit vielen feuchten Stellen.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bestimmte die Arbeit der Bauern das Wirtschaftsleben. In Gellershagen und Sudbrack gab es große Meierhöfe. Die Geschichte der Ortsteile und der Bauern reicht bis ins Mittelalter zurück. Der Name Sudbrack tauchte erstmals in der Mitte des 13. Jahrhunderts auf. Gellershagen bildete im Unterschied zu Sudbrack eine eigene Bauerschaft, zu der unter anderen die Bauern Voltmann, Bültmann, Kipp, Brodhage und Schelp gehörten, deren Namen den Eingesessenen auch heutzutage noch geläufig sein dürften. Der Name Gellershagen findet sich erstmalig 1325 in einer Urkunde, als „gelderdeshage“. Der erste Namensbestandteil lässt sich nicht klären; der zweite ist dagegen umso eindeutiger. Es handelt sich um eine Hagensiedlung, wie wir sie in unserer Region mehrfach finden: Steinhagen, Brockhagen, Rothenhagen oder auch Häger. Diese Siedlungen wurden meist Ende des 13. und im 14. Jahrhundert angelegt, um Boden urbar zu machen und die Landwirtschaft zu fördern. Der Landesherr sicherte den Bauern besondere Rechte zu, wie zum Beispiel Steuerfreiheit für einen befristeten Zeitraum. Letztlich profitierte er aber davon, weil die Wirtschaft insgesamt gefördert wurde. Die Bauerschaft Gellershagen grenzte im Osten an die Bielefelder Feldmark (heute ungefähr die Drögestrasse), im Süden an den Teutoburger Wald, im Westen an Dornberg und Theesen und in Norden an die Bauerschaft Schildesche (heute ungefähr Jöllenbecker Strasse).
1325
1869
1869 war der alte ursprüngliche Sudbrack-Hof abgebrannt und man hatte aus Lippe ein großes Fachwerkhaus hierhin versetzt. Man konnte noch die „lippische Rose“ als Wahrzeichen an den Ecken des Deelenbalkens erkennen.
Nach „Sudbrack“ als Familiennamen wurde die Gaststätte an der Ecke Lange Straße/Jöllenbecker Straße benannt. Sie wurde im Jahre 1871 von dem Neubauern Friedrich Wilhelm Sudbrack (1828 – 1902) begründet. Das Grundstück firmierte – weil es Straßennamen damals noch nicht gab – als „Bauerschaft Schildesche Nr. 48“. Aufgrund seiner roten Haare wurde der Inhaber auch „Chialle“ genannt, was auf Plattdeutsch der „RotBlondhaarige“ bedeutet.
1871
1879
Julius Gunst errichtete 1879 an der Jöllenbecker Straße eine Weberei mit einer Bleiche am heutigen Meierteich. Zahlreiche Sudbracker arbeiteten in seiner Fabrik. In die Kritik geriet das Unternehmen, als durch die Abwässer aus dem Bielefelder Westen, dem Bereich von Siegfriedplatz und Rolandstraße, die Bleiche eingestellt werden musste. Ein sich über zwei Jahrzehnte hinziehender Schadensersatzprozess gegen die Stadt Bielefeld wurde zwar gewonnen, doch die Entschädigungssumme durch die Inflation 1923 gänzlich wertlos. Um 1934 erfolgte der Abbruch der Fabrik, heute stehen hier Wohnhäuser. Aber es gingen auch viele der hiesigen Arbeiter nach Bielefeld in die Fabrik von Dürkopp oder Phoenix. Eine Vielzahl von Gaststätten an der Jöllenbecker Straße, wie Dröge, Fohrmann, Esser, Sudbrack oder Pipping, boten den Männern am Löhnungstag sicherlich manches Schlückchen auf dem Nachhauseweg, vermutlich zum Leidwesen ihrer Ehefrauen. Auf der Höhe der Gaststätte Pipping fand sich lange Zeit ein Schlagbaum, an dem Maut zu entrichten war, um Gelder für den Straßenbau zu erheben.
Der Sudbrack-Friedhof stellt einen typischen Stadtteilfriedhof dar. Entstanden durch die Initiative einiger Bürger im Jahre 1898. Bereits im Sommer 1894 stellten 62 Bewohner von Sudbrack, Gellershagen und auch Theesen beim Amtmann Goede in Schildesche den Antrag auf die Anlegung eines neuen Friedhofes im südwestlichen Teil des Amtes. Dieser Antrag wurde von dem Gemeindevertreter Julius Gunst, Inhaber der gleichnamigen Weberei an der Jöllenbecker Straße, von Hermann Wittenbreder, dem Verwalter des Sudbrackhofes Wilhelm Lott, dem Pastor Friedrich Kuhler von der Elim-Kapelle und weiteren 58 Personen unterschrieben. Hier zeigt sich bereits die ökumenische Komponente dieses Antrages. Gunst war nämlich katholisch, Kuhler evangelisch. Die Namen der Unterzeichner sind im Stadtteil noch heute wohlbekannt: Bültmann, Hinnendahl, Voß, Kastien, Dücker, Heidemann, Pipping, Lohmann, Fortmann, Wächter, Klein, Gehring, Dröge, Einhaus, Oberschelp, Echterhoff, Strahtmann. Die Verstorbenen aus dem Stadtteil wurden damals auf dem Friedhof in Schildesche begraben. Insofern meinten die Antragsteller, dass ein neuer Friedhof vor Ort, nämlich in Sudbrack dringend erforderlich war. Der Schildescher Friedhof liege nämlich zu weit entfernt. Zudem seien die Wege dorthin zu schlecht und unpassierbar. Ferner könnten aus diesen Gründen die Trauernden krank werden. Auch könnten die Angehörigen die Gräber auf dem Schildescher Friedhof nicht entsprechend pflegen. Die endgültige Fertigstellung des Friedhofes gelang nach langen Schwierigkeiten 1898.
1898
1904
Schräg gegenüber der Baugesellschaft Sudbrack gründete er 1904/1905 eine große Ziegelei. Bis 1964 wurden hier Backsteine zum Hausbau gebrannt. Sie fanden ihrer Verwendung bei zahlreichen Neubauten an der Apfelstraße, aber auch an den Straßen „Am Sudholz“, „Am Bruche“ oder am „Rottland“. Diese Ziegel sind bei Wohnungsbesitzern und Mietern etwas gefürchtet, denn aufgrund ihrer harten Beschaffenheit ist es außerordentlich schwierig, Löcher dort hinein zu bohren, um ein Bild aufzuhängen. Die Ziegelei musste später dem heutigen Abenteuer-Spielplatz weichen. Bekannt war die Tongrube, aus der der Grundstoff für die Ziegel gewonnen wurde, auch für ihre bis zu 180 Millionen alten Versteinerungen. Manchen von ihnen fanden ihren Weg in das Bielefelder Naturkundemuseum.
Im Volkshaus „Sudbrack“, das um 1914 erbaut wurde, fanden die verschiedensten geselligen Veranstaltungen des Ortsteiles statt, so Saalsportfeste, das Herbstvergnügen der „Freien Turnund Sportvereinigung Sudbrack“ und die Tagungen des Ziegenzuchtvereins Gellershagen, um nur einige zu nennen. Auch wurden Karnevalsfeiern und private Feste veranstaltet, später sogar Boxkämpfe und Rockkonzerte. Der große Saal fasste bis zu 1000 Gäste. Die Sudbrackstraße führte damals noch direkt vor dem Volkshaus her – im Unterschied zu heute.
1914
1915
Im Bereich Sudbrack und Schildesche existierte zunächst lediglich die Stiftsschule. Mit dem Anwachsen der Bevölkerung vor mehr als hundert Jahren mussten jedoch zusätzliche Bildungseinrichtungen geschaffen werden. Im Bereich Schildesche entstanden die Hellingskampschule 1891, die Gellershagenschule (heute Eichendorffschule) 1900, die Schule in Obertheesen 1910 und die Hamfeldschule 1911. Etwas früher war die Kamphofschule auf Seiten der Stadt Bielefeld gebaut worden. Für den Bereich Sudbrack plante man für 1914 eine neue Schule. Die Baufirma Klarhorst hatte in diesem Gebiet Wohnungen für Auswärtige,vornehmlich für Bielefelder gebaut. Die Stadt drang deshalb auf die Errichtung einer Schule. Auf den erforderlichen 155.000 Mark Baukosten blieb jedoch das Amt Schildesche „allein sitzen“.
Die Baugesellschaft „Sudbrack“ entsteht 1935 aus dem Baugeschäft Klarhorst.
1935
1945
Gegen Ende des 2. Weltkrieges ruhte der Unterricht zeitweise und konnte erst am 1. September 1945 wieder aufgenommen werden. An einen geordneten Unterricht war allerdings nicht zu denken. Die Lehr- und Unterrichtsmaterialien waren verschwunden oder auf dem schwarzen Markt gelandet, die Lehrer- und Schülerbücherei in alle Winde verstreut. Man wanderte, trieb Sport in der Schule oder räumte das Gebäude auf. Weil die der Sudbrackschule nahegelegene Kamphofschule an der Sudbrackstraße zerstört war, mussten auch deren Schüler aufgenommen werden. Mehr als 1000 Schüler drängten sich in 10 Klassenzimmern, auf jede Lehrkraft kamen mehr als 100 Kinder. 1948 wurden Kamphof- und Sudbrackschule unter dem Namen Sudbrackschule zusammen gefasst.
Der Star Club in Bielefeld eröffnet! Eine vollkommen neue Ära des Volkshaus Sudbrack. Am 2. Oktober 1964 eröffnete der „Star-Club“ hier seine Pforten. Am ersten Abend kamen The Rattles mit Achim Reichel und dem Original-Beatles-Schlagzeuger Pete Best. Auch traten in der Folgezeit weithin bekannte Musikerinnen und Musiker wie Brenda Lee, Gine Vincent und Marc Bolan mit John’s Children auf. Wegen des Andrangs musste jeden Abend ein Polizist auf der Sudbrackstraße den Verkehr regeln. Aber auch junge Bands aus Bielefeld spielten seinerzeit ihre Rockmusik mit selbstgebauten elektrischen Gitarren, denn Geld, um sie zu kaufen, hatten die begeisterten Jungmusiker nicht.
1964
2012
Im Dezember 2012 wurde der Sudbrack-Hof an der Ecke Apfelstraße/Sudbrack Straße abgerissenen. Der Hof dient nach dem Umzug der Baugesellschaft Sudbrack als Neubaugebiet. Die hier entandenden Eigentumswohnungen sind im Jahr 2016 noch nicht gänzlich fertiggestellt.